Mukenge / Schellhammer

Mukenge/Schellhammer sind Christ Mukenge (*1988 Kinshasa, Demokratische Republik Kongo) und Lydia Schellhammer (*1992 Konstanz). Lydia Schellhammer studierte Kunstpädagogik an der Universität Augsburg und Malerei an der Académie des Beaux-Arts de Kinshasa. Christ Mukenge studierte ebenfalls an Académie des Beaux-Arts de Kinshasa.

Das Künstlerduo bewegt sich zwischen verschiedenen kulturellen, sozialen und ökonomischen Räumen in Europa und der Demokratischen Republik Kongo. Sie reagieren auf die Erfahrungen und Untersuchungen in einem fortlaufenden künstlerischen Prozess, der digitale und analoge Gemälde und Zeichnungen, experimentelle Videos, Installationen und Performances umfasst. Sie signieren ihre Werke zu zweit, arbeiten gemeinsam an einer Leinwand, Video oder digitaler Malerei. Auf diese Weise verschwimmen die klaren Klassifizierungen von Autor, Tradition oder Geografie. Das Künstlerduo bezeichnet sich selbst als Doppelköpfiges Monster.

Lydia Schellhammer und Christ Mukenge sind seit 2016 ein Paar.

https://mukengeschellhammer.com

Lydia Schellhammer und Christ Mukenge stehen vor einem Werk, das sie beide zeigt
Lydia Schellhammer & Christ Mukenge. Stuttgart 2022. Foto Demian Bern

10 Fragen

1. Führte die Kunst zur Liebe oder die Liebe zur Kunst? Haben Sie sich zuerst in den Menschen verliebt oder zunächst in deren / dessen Kunstwerk?

Das Duo ist ein Doppelköpfiges Monster, entstanden aus einer Fusion, ausgelöst durch politischen Druck von außen. Durch die Arbeit auf zwei Kontinenten, zwischen Deutschland und der Demokratischen Republik Kongo ist das Duo seit der ersten Begegnung der beiden Künstler*innen in Kinshasa im Jahr 2012 dem Druck von Ländergrenzen, dem Gewicht der gewalttätigen Geschichte, interkulturellen Missverständnissen ausgesetzt. Das Duo ist also eine Notwendigkeit und als Monster die personifizierte Kunst und die personifizierte Liebe.

2. Wo finden Ihre wichtigen Künstlerpaar-Gespräche statt?

Das Doppelköpfige Monster sieht alles mit 4 Augen und berührt alles mit 4 Händen. Die beiden Gehirne sind über das Nervensystem verbunden, über viele Dinge müssen sich die beiden Köpfe daher nicht unterhalten. Da die Augen in die gleiche Richtung schauen, kommentieren die Köpfe oft das Gesehene, meistens unterwegs.

3. Sie leben als Künstlerpaar und arbeiten (nicht, auch oder ausschließlich) als Künstlerduo. Ist Ihnen die Begrifflichkeit wichtig?

Das Duo wird oft mit einem Paar verwechselt. Das Duo ist aber mehr als die Summe seiner Teile und daher kein Paar, sondern ein eigenständiges Wesen mit eigenem künstlerischen Stil und einer eigenen Ästhetik.

4. Mussten Ihre Ideen für die Ausstellung an diesem besonderen Ort reifen oder gab es sofort einen Konsens? Was sehen wir hier?

Ihr seht eine Augenhöhle: ein Zimmer voller Augen. Die Arbeit in verschiedenen kulturellen Räumen führt zu vielschichtigen Perspektiven und Blickwinkel. Das führt natürlich auch zu Missverständnissen, die Selbstwahrnehmung kollidiert mit der Art, in anderen kulturellen Kontexten wahrgenommen zu werden. Einige der Augen haben keine Augenlider. Der Blick ist der Realität ausgesetzt, kann weder wegschauen noch ausruhen.

Das erinnert an einen Text von Heinrich von Kleist, den er in den Berliner Abendblättern veröffentlichte. Er schreibt über das Bild „Der Mönch am Meer“ von Caspar David Friedrich, dass es ihm bei Betrachtung des Bildes vorkomme, als seien seine Augenlider abgeschnitten.

5. Das kaufmännische „&“ steht nicht zufällig im Titel dieser Ausstellung. Wie ist es, mit und von der Kunst zu leben?

Die transnationale Arbeit erfordert ein Netzwerk an Menschen, Institutionen und selbstorganisierten Gruppen. Besonders langfristige Kollaboration sind wichtig, die sich über mehrere Jahre entwickeln können. Neben eigenen Ausstellungen arbeitet das Duo daher an eigenen Projekten, stellt Förderanträge, organisiert, lädt Künstler*innen, Theoretiker*innen, Schriftsteller*innen zur Mitarbeit ein und wird selbst eingeladen.

6. Ausstellungsanfragen, Verkäufe, Auszeichnungen — wie gehen Sie mit gegenseitigen Erfolgen oder auch Flauten um?

Immer weiter Arbeiten.

7. Wie lauteten die Reaktionen Ihrer Familie und im Freundeskreis, als Sie erklärten, als Künstlerpaar leben und arbeiten zu wollen?

Die Fusion des Duos war ein schleichender Prozess und die Familien und Freunde sind seit Beginn an diesem Prozess beteiligt gewesen, da das Duo Dinge wie zum Beispiel Wohnraumbescheinigung für die Ausländerbehörde besorgen, Lingala lernen, ein Kulturzentrum gründen etc. nicht alleine bewältigen konnte.

8. Wie funktioniert das bei Ihnen? Teilen Sie ein Atelier? Besuchen Sie sich gegenseitig nach Absprache?

Das Duo arbeitet überall, im urbanen Raum, im Atelier, in Residencies, im Theater, auf einer Leinwand immer zusammen.

9. Was passiert, wenn Sie gemeinsame Werke oder Ausstellungen planen? Gibt es zunächst ein Brainstorming, wer fängt an, wer hört auf?

Das Duo arbeitet oft mit beiden Köpfen und 4 Händen auf dem gleichen Untergrund und zur gleichen Zeit. Das ist ein visueller Dialog auf der Leinwand, dem Papier, des Objekts währenddessen nicht viel gesprochen wird, sondern die Hände und Köpfe auf die Spuren des jeweiligen anderen reagieren. Daraus entsteht eine Art unbewusstes Gespräch. Für andere Projekte, die konzeptueller sind, sprechen sich die Köpfe aber auch ab und planen vor der praktischen Umsetzung, besonders für szenografische Projekte, Performance und Ausstellungskonzeptionen.

10. Jeder Beruf prägt unser Leben. Hat ihre Partnerschaft Auswirkungen auf Ihre Kunst und umgekehrt? Worin liegt die größte Herausforderung, wenn man Beruf und Leben teilt?

Die Fusion des Duos hat dazu geführt, dass sich der Alltag und das Berufsleben ausrichten mussten an Visaauflagen, Ausländerbehördentermine, Fiktionsbescheinigungen, Aus- und Einreiseerlaubnissen und Beschränkungen etc. und dadurch erst zur transnationalen Arbeits- und Lebensweise des Duos geführt. Die inhaltliche Ausrichtung der Arbeit des Duos beschäftigt sich viel mit den Übersetzungsprozessen (sprachlich, interkulturell, zwischen digital/analog), die dem Duo auch in diesem Alltag begegnen.

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