1. Führte die Kunst zur Liebe oder die Liebe zur Kunst? Haben Sie sich zuerst in den Menschen verliebt oder zunächst in deren / dessen Kunstwerk?
Ria: Das ging bei uns beides Hand in Hand. Wir haben uns das erste Mal in Wolfgangs Atelier getroffen, um über unsere Arbeiten zu reden, weil sie sich an vielen Punkten berühren. Dieser Atelierbesuch läuft jetzt seit über 5 Jahren …
2. Wo finden Ihre wichtigen Künstlerpaar-Gespräche statt?
Ria: Überall, an allen Orten und in allen Lebenslagen
3. Sie leben als Künstlerpaar und arbeiten (nicht, auch oder ausschließlich) als Künstlerduo. Ist Ihnen die Begrifflichkeit wichtig?
Wolfgang: Als Künstlerduo haben wir eigentlich noch nie gearbeitet, aber wir unterstützen uns gegenseitig bei unserer Arbeit. In der Zukunft sind Duoarbeiten nicht ausgeschlossen, das aktuelle Projekt heißt heiraten und Atelierhaus sanieren.
4. Mussten Ihre Ideen für die Ausstellung an diesem besonderen Ort reifen oder gab es sofort einen Konsens? Was sehen wir hier?
Wolfgang: Der Kapellenraum hat mich direkt angesprochen und ich habe gleich einige meiner Arbeiten gesehen, die mit den Räumlichkeiten ein gutes Zusammenspiel ermöglichen.
Ria: Bei mir ist das ganz anders, ich muss mich in den Raum erstmal reinfühlen und dann kommen langsam die Ideen. Für Achberg habe ich eine neue Technik entwickelt, die fern von meinen fotografischen Arbeiten liegt. Ich wollte schon lange wieder zu meinen textilen Wurzeln zurück und das mit der Fotografie verbinden, und vor allem weg von der Chemie und ausschließlich mit organischen Naturmaterialien arbeiten. Es ist einfach wunderbar zu sehen wie die neuen Werke gedeihen und zum Leben erweckt werden während der Entstehung.
5. Das kaufmännische „&“ steht nicht zufällig im Titel dieser Ausstellung. Wie ist es, mit und von der Kunst zu leben?
Ria: Mir ist es immer wichtig gewesen, für meine künstlerische Arbeit genügend Platz im Kopf zu lassen, und ich musste feststellen, dass der Kopf vollkommen ausgelastet ist, wenn finanzieller Druck besteht. Daher bestreite ich mehrere Wege, die mir ermöglichen diesen Druck aus dem Atelier auszusperren.
Wolfgang: Mir war es immer wichtig, von meiner Kunst leben zu können. Am Ende meines Studiums habe ich 2 Hauptlinien in meiner Arbeit gehabt: die experimentelle Fotografie und große kinetische Maschinen. Ein paar Jahre habe ich die Maschinen mit der Fotografie subventioniert, irgendwann wurde aber klar, dass das so auf Dauer nicht geht. Und so war es eine wirtschaftliche Entscheidung, die Maschinen für ein paar Jahrzehnte zu pausieren, um erstmal finanziell auf einen grünen Zweig zu kommen. Das war mir lieber als einen Nebenjob und damit nicht genug Zeit für meine Arbeit zu haben.
6. Ausstellungsanfragen, Verkäufe, Auszeichnungen — wie gehen Sie mit gegenseitigen Erfolgen oder auch Flauten um?
Ria: Gegenseitiger Support ist selbstverständlich, jeder Erfolg wird gemeinsam zelebriert, jede Flaute gemeinsam überwunden.
7. Wie lauteten die Reaktionen Ihrer Familie und im Freundeskreis, als Sie erklärten, als Künstlerpaar leben und arbeiten zu wollen?
Wolfgang: Da wir beide vor der Beziehung bereits als Künstler gelebt haben, konnten unsere Familien inzwischen überwinden, dass wir keine Beziehung zu Anwälten, Ärzten oder Astronauten eingehen werden.
Ria: Unsere Familien waren sehr froh, dass wir einen Partner gefunden haben, der unsere Lebensweise und Arbeitsprozesse versteht und teilt.
8. Wie funktioniert das bei Ihnen? Teilen Sie ein Atelier? Besuchen Sie sich gegenseitig nach Absprache?
Ria: Momentan tauschen wir unsere Ateliers immer nach den aktuellen Bedürfnissen und Projekten. Wolfgang arbeitet normalerweise in gigantischen Dimensionen, für die er sehr viel Platz benötigt. Da er aktuell eine neue Technik erarbeitet und viel Wärme braucht, ist er in mein kleines Atelier gezogen, und ich genieße derzeit die Vorzüge eines großen Raumes. Meine Arbeiten waren immer laborbedingt von der Größe eingeschränkt, aber dank der großen Fläche von Wolfgangs Atelier kann ich Bilder auch mal liegen lassen, wachsen lassen und mit Techniken arbeiten, die auch mal ein paar Monate in Anspruch nehmen.
9. Was passiert, wenn Sie gemeinsame Werke oder Ausstellungen planen? Gibt es zunächst ein Brainstorming, wer fängt an, wer hört auf?
Ria: Wolfgang hat definitiv immer sofort eine Idee und eine klare Vorstellung, wie seine Werke am besten funktionieren. Meine Ideen müssen immer erst wachsen und gedeihen, wie meine aktuellen Arbeiten wachsen sie in den Raum hinein.
10. Jeder Beruf prägt unser Leben. Hat ihre Partnerschaft Auswirkungen auf Ihre Kunst und umgekehrt? Worin liegt die größte Herausforderung, wenn man Beruf und Leben teilt?
Ria: Meine Arbeiten haben sich seit dem Kennenlernen stark weiterentwickelt. Mit einem Partner, der die Prozesse versteht und nachvollziehen kann, ist die Entwicklung der eigenen Arbeitsweise definitiv vorteilhaft.
Wolfgang: Auch wenn es nicht so romantisch klingt, sind meine Arbeiten meist Partner und Umfeld unabhängig. Lediglich die Ateliergröße hat einen gewissen Einfluss. Bei der finalen Feinabstimmung konsultiere ich Ria und meinen besten Künstlerfreund jedoch meist.